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Einleitung

In der Welt der Selbsthilfe und Persönlichkeitsentwicklung wird oft propagiert, dass positives Denken die Lösung für seelisches Wohlbefinden ist. Doch was, wenn diese Haltung eher schadet als hilft? Der Therapeut und Autor Mike Hellwig stellt genau diese Frage und fordert dazu auf, alle Gefühle uneingeschränkt zuzulassen, anstatt sie positiv umzudeuten oder zu unterdrücken.

Auch ich teile diese Sichtweise. Positives Denken allein reicht nicht aus, um tiefere emotionale Verletzungen zu verarbeiten. Stattdessen geht es darum, Gefühle anzuerkennen und ihnen Raum zu geben – selbst wenn sie unangenehm sind. Die Frage ist: Wie kann die Erlaubnis zur Gefühlserfahrung im Kontext von Veränderungsprozessen hilfreich sein?

Warum positives Denken problematisch sein kann

Viele Menschen erleben in ihrem Coaching oder in ihrer Psychotherapie Momente, in denen die Erwartung aufkommt, dass „nur positive Gedanken“ den Heilungsprozess fördern. Doch Mike Hellwig betont, dass diese Haltung dazu führen kann, negative Emotionen abzuwerten und sich selbst in schwierigen Phasen als „nicht gut genug“ wahrzunehmen.

Aus einer traumasensitiven Sicht kann diese Verdrängung alter Wunden gefährlich sein. Gefühle wie Angst, Wut oder Trauer sind wertvolle Signale aus dem Nervensystem, die darauf hinweisen, dass unverarbeitete Erfahrungen noch präsent sind. Positives Denken kann diese Signale überdecken, während die unbewältigten Erlebnisse weiterhin im Körper verankert bleiben.

Wenn Menschen versuchen, ausschließlich positiv zu denken, riskieren sie, ihre authentischen Reaktionen zu unterdrücken. Dadurch kann es zu einer inneren Spannung kommen, die langfristig sogar das Gefühl verstärkt, nicht in Ordnung zu sein.

Gefühle zulassen: Der Weg zur Integration

Die Erlaubnis zur Gefühlserfahrung nach Mike Hellwig bedeutet, jedem Gefühl Raum zu geben – ohne Bewertung oder den Versuch, es zu kontrollieren. Dies deckt sich mit den Prinzipien der traumasensitiven Hypnose-Therapie.

Gefühle als Teil des Heilungsprozesses

In der traumasensitiven Hypnose-Therapie geht es darum, Gefühle nicht als Störfaktor oder Hindernis zu betrachten, sondern sie als wesentlichen Teil des Heilungsprozesses anzuerkennen. Dies ist besonders wichtig, da viele traumatisierte Menschen gelernt haben, ihre Gefühle zu unterdrücken oder zu vermeiden, um sich zu schützen.

Gefühle im Körper wahrnehmen

Die traumasensitive Hypnose-Therapie betont die Bedeutung, Gefühle im Körper bewusst wahrzunehmen und ihnen die Erlaubnis zu geben, sich als körperliche Empfindungen auszudrücken. Diese körperliche Resonanz ist ein Schlüssel zur Integration.

Innere Anteile integrieren

Auch verschiedene innere Anteile, insbesondere verletzte und wütende Anteile, werden in der Arbeit mit traumasensitiver Hypnose bewusst angesprochen. Diese Akzeptanz fördert die innere Koordination und das Verständnis für die eigene Gefühlswelt.

Gefühle als Teil des persönlichen Erlebens

Gefühle wie Scham, Angst oder Wut werden als Teil des persönlichen Erlebens angenommen und nicht abgewertet. Statt sie loswerden zu wollen, wird ihnen Raum gegeben, sodass sie sich auf gesunde Weise ausdrücken können.

Integration statt Verdrängung

Indem die traumasensitive Hypnose-Therapie Gefühle nicht als negativ oder hinderlich einstuft, sondern sie als Ausdruck tiefer innerer Prozesse betrachtet, kann eine authentische Integration stattfinden. Dies stärkt die Selbstakzeptanz und unterstützt die Verarbeitung traumatischer Erfahrungen.

Fallbeispiel: Wenn positives Denken blockiert

Nehmen wir das Beispiel von Thomas, einem 38-jährigen Mann, der unter einer generalisierten Angststörung leidet. Immer wieder wird er von plötzlichen Angstanfällen überrascht – in alltäglichen Situationen wie beim Einkaufen oder auf dem Weg zur Arbeit.

Zu Beginn der Hypnosesitzungen hatte Thomas die Überzeugung, dass er die Angst einfach „wegdenken“ müsste. Er versuchte, die Angstanfälle durch positive Affirmationen zu überlagern: „Ich bin stark“, „Mir kann nichts passieren“. Doch sein Körper reagierte weiterhin mit Herzklopfen, Schweißausbrüchen und Zittern.

Durch die traumasensitive Hypnosearbeit lernte Thomas, die Angst körperlich zu spüren, ohne sie sofort verändern oder verdrängen zu wollen. Diese Akzeptanz ermöglichte es ihm, die Angst als ein Schutzsignal wahrzunehmen, das auf tiefere innere Konflikte und alte Verletzungen hinwies. Besonders zeigte sich eine belastende Erfahrung aus der Kindheit, als er sich hilflos und alleine fühlte.

Die Integration gelang, als Thomas der Angst Raum gab und die damit verbundenen Emotionen zuließ. Statt die Angst mit positivem Denken zu überdecken, konnte er sie als Ausdruck eines alten Schutzmechanismus verstehen. Mit der Zeit lernte er, die Angstanfälle nicht mehr als Zeichen von Schwäche zu betrachten, sondern als wichtige Botschaft seines Körpers.

Akzeptanz statt Optimierung: Warum Gefühle wichtig sind

Die Botschaft ist klar: Positives Denken allein reicht nicht aus, um tieferliegende emotionale Verletzungen zu verarbeiten. In einem tiefen Transformations- oder Veränderungsprozess jedoch ist es wichtiger, die innere Realität nicht zu verdrängen, sondern anzuerkennen.

Die Erlaubnis, alle Gefühle zu fühlen – unabhängig davon, ob sie als „positiv“ oder „negativ“ wahrgenommen werden – ist ein wesentlicher Schritt zur Integration. Durch achtsame, körper- und bindungsorientierte Hypnose können diese Gefühle behutsam bearbeitet werden, ohne dass der Druck besteht, sie durch Optimismus zu ersetzen.

Bitte beachte: Die Inhalte dieses Textes verstehen sich als Anregung zur Selbstreflexion und Selbsterfahrung. Die vorgestellten Methoden ersetzen keine medizinische oder therapeutische Behandlung. Es wird kein Heilversprechen gegeben.

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